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Nr. 19/2010, Bremen, den 1.12.2010, Nr. 318,   13 Jahre Jan Frey, Verlag: Danksagung

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Wieder besucht: der alte jüdische Friedhof in Bremen


        
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ALLTAG IN BREMEN
FOLGE 019-10:
WIEDER BESUCHT: DER ALTE JÜDISCHE FRIEDHOF IN BREMEN




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Blick auf den alten jüdischen Friedhof in Bremen
Blick auf den Teil des alten jüdischen Friedhofs in Bremen, auf dem die Mehrzahl der Grabsteine steht, die aus dem 19. Jahrhundert stammen.

  Im Vordergrund das Grabmal von Berth(hold?) Oppler aus dem Jahre 1850.
Ich habe erneut mehrere Stunden auf dem nahegelegenen jüdischen Friedhof verbracht. Ich habe diese Zeit auf dem Teil des Gottesackers verbracht, auf dem die Mehrzahl der Grabsteine steht, die aus Ende des 18. Jahrhunderts, dem 19. Jahrhundert und vereinzelt aus dem beginnenden 20. Jahrhundert stammen.
 
Besonders beeindruckt hat mich das Grabmal von Berth(old?) Oppler. Das Grabmal stellt ihn in die Mitte seiner trauernden Freunde, denn eine kleine Inschrift am Fuße des Steines lautet : 'gewidmet von seinen Freunden'. Der Inschrift zufolge wurde Opppler geboren am 24. März 1769 in Breslau und starb am 10 August 1850 in Bremen. Die Daten der Inschrift rufen in mir unwillkürlich kulturgeschichtliche Zusammenhänge wach: In Opplers Geburtsjahr war Mozart 13 Jahre alt und in seinem Sterbejahr war Goethe schon 18 Jahre tot. Die gescheiterte, bügerlich-demokratische und nationalstaatlich ausgerichtete Märzrevolution von 1848 lag gut zwei Jahre zurück.
 
Wie weit Oppler von all diesen Ereignissen berührt wurde, weiß man nicht. Was man aber weiß, ist, dass er Freunde hatte, die ihm ein Denkmal widmeten, das mit einer Kugel an der Spitze ein wenig aufwendiger gestaltet ist als die meisten Gräber aus jener Zeit, die mich in ihrer Schlichtheit an das Symbol eines Hauses erinnern. Die Sitte, Familiengräber mit einem Stein zu errichten, war damals noch nicht verbreitet und so steht jedes dieser Häuser jeweils für einen Menschen.
 
Neben dem Stein mit der Aufschrift 'Hier ruht/ Joseph Wolff/ aus Dannenberg/ geb. 11ten November 1788/ gest 15 ten Juli 1856' steht zum Beispiel ein Grabmal 'Hier ruht in Gott/ Rahel Wolff/ aus Dannenberg/ geb. d. 9. Juli 1799/ gest. d. 20. November 1860'. So ist über die Jahre jenes Jahrhunderts jede(r) Jude/Jüdin irgendwann in die gedachte Stadt der Toten umgezogen.
 
In dieser Stadt der Toten erfahren wir nicht nur etwas über das Leben in der jüdischen Gemeinde in der Stadt Bremen, sondern auch etwas über das Alltagsleben der Menschen jener Zeit. Ein Haus in der Totenstadt gehört der 'Jungfr. Jeanette Meyer, gestorben den 3 December 1872'.
  Über ihr Geburtsdatum und somit über ihr Alter sagt die Inschrift nichts, wohl aber über ihren Familienstand, den wir heute aber weder im gesellschaftlichen Umgang und erst recht nicht auf einem Grabstein mehr so bezeichnen könnten wie hier geschehen. Auch wäre es nicht mehr denkbar, eine Frau unter folgender Inschrift zu bestatten: 'Frau Elias Spanier/ Sara geb. Löwenberg/ geb. 10. Dezember 1817/ gest. 9. Februar 1908'.
 
Mindestens zwei ausländische Juden, die im betrachteten Zeitraum in Bremen starben,wurden Grabsteine gesetzt, die mit Inschriften in ihrer Muttersprache versehen wurden. Der wohl älteste Stein, der in der Nähe des heutigen Eingangs des Friedhofs steht, erinnert an 'Lewis Simeon of London/ Obiit/ 29. November 1796/ Aged 32 YeArs'. Mehr erfahren wir auf seinem Grabstein über 'Théophile Kahn/ né à Waltenheim/ Baße Alsace/ décédé à Rockwinkel/ près Brême/ le 26. Novembre 1872/ après un longue et/ douloureuse maladie/ Que son âme repose/ en paix!' (Théophile Kahn/ geboren zu Waltenheim/ Nieder Elsaß/ gestorben zu Rockwinkel/ bei Bremen/ den 26. November 1872/ nach einer langen und/ schmerzhaften Krankheit/ Dass seine Seele ruhe/ in Frieden!').
 
Ungewöhnlich viele Kinder starben nach unseren heutigen Maßstäben. Eine in einen kleinen Stein eingelassene schwarze Platte etwa kündet von der Trauer der Familie Koopmann: 'Hier ruht unser theurer/ Sohn / Robert Koopmann/ geb. 14. Juli 1882/ gest. 15. Juni 1891' (Man beachte die altertümliche Rechtschreibung!) Es gibt aber auch etliche Gräber von Kindern, die im Säuglings- oder Kleinkindalter verstorben sind. Es gibt in der Nähe des Grabmal des Simeon, aber auch vereinzelt im gesamten betrachteten Bereich des Friedhofs sehr kleine Steine, die statt einer Inschrift nur eine Nummer tragen. Es handelt sich dabei um Gräber früh verstorbener Kinder (vgl hierzu: Anne E. Dünzelmann: Juden in Hastedt, Bremen 1995, S. 153ff).
 
Es gibt natürlich noch viele andere Dinge, die man auf den Grabsteinen aus jenem Zeitraum entdecken kann. Deshalb sei hier auch auf die digital verfügbare Darstellung 'Der jüdische Friedhof in Bremen Hastedt' des Projekts 'Ein Streifzug durch die Geschichte Bremens' verwiesen.

Bitte lesen Sie auch:
Ein Blick auf den alten jüdischen Friedhof in Bremen

Bitte werfen Sie auch einen Blick Charlie Dittmeiers Bericht über Begräbnissitten in Hong Kong. Der Bericht datiert vom 20. Juni 1998. Der Link führt auf die letzte Notiz des Tagebuches. Bitte nach unten scrollen!
 
Beachtenswert auch ein Artikel von Rebecca Lesses' über den Jüdischen Friedhof in Liepaja in Lettland

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Donnerstag, den 23.12.2010.
Ich bin mit der Herstellung und dem Vertrieb des neuen Heftes beschäftigt. Das ist eine sehr, sehr mühsame Arbeit. Ich bitte um Verständnis.


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