Logo Klein  Mexiko

 

Folge 61/2002, Bremen, den 02.10.2002      Weiterhin lesenswert: 'Bahnhofsmission'
        
Bitte beachten Sie bei Ihren Einkäufen und Aufträgen unsere Unterstützer:

 
 


Blick auf den (namenlosen) Platz an der Brinkstraße aus nordwestlicher Richtung. Vorne links, im spitzen Winkel des Platzes, die Wertstoff-Container.








Blick aus südlicher Richtung: Hinten links die Container,an der Schmalseite des Platzes Motorräder (Bildmitte) und eine Litfaß-Säule (rechts).








Unter den Platanen wuchert das Unkraut. An einem Baum hat jemand Schuhe angebracht.









Ein Auto parkt schon sehr lange am Platz. Vor einem Rad wächst schon Unkraut.















Vor einem Block in der Ratzeburger Straße steht ein Campingtisch mit Stühlen und Sonnenschirmen.






Wann darf der Mensch auf einer Bank sitzen? Wenn er krank ist wie die Menschen auf dem Platz vor dem St.-Jürgen- Krankenhaus?





Wenn er auf die Straßenbahn warten muss?
 
29.09.2002

In der Nähe des Waller Bahnhofs bin ich auf einen kleinen Platz gestoßen. Dort treffen die Sonderburger Straße und die Bergedorfer Straße auf die Brinkstraße. Die Schnittfläche der Straßen bilden eine Art spitzwinkliges Dreieck, in dessen Kernbereich sich der ebenfalls dreieckige Platz befindet. An den beiden langen Schenkeln des Dreiecks befinden jeweils eine Parkbucht mit neun bzw. sieben Einstellplätzen für PKW. Am kurzen Schenkel ist noch eine Bucht für einen Einzelparkplatz ausgebaut. Auf diesem Einzelparkplatz steht ein angejahrtes Auto, das offenbar schon länger nicht bewegt worden ist. Daneben stehen auf dem Hochpflaster einige Motorräder. In dem Bereich nahe der Schmalseite erheben sich drei mächtige Platanen. Um ihre Stämme herum hat man ein wenig ungepflasterten Raum gelassen. Dort wuchert an einigen Stellen das Unkraut. Im spitzen Winkel stehen einige Behälter für Altglas und Altpapier. Der Platz wird gesäumt von verschiedenartigen Wohnhäusern aus unterschiedlichen Epochen des zwanzigsten Jahrhunderts. Ein altes Haus könnte sogar noch Ende des neunzehnten Jahrhunderts erbaut sein. Es gibt kleine Ein- oder Zweifamilienhäuser, aber auch kleinere Blocks. An einer Seite, zum spitzen Winkel hin, grenzen Gewerbeflächen an den Platz. Ich sehe das Schild eines Bauunternehmens, die Zufahrt zu eine Fabrik, die Reinigungsmittel herstellt, und Hinweise auf andere gewerblich genutzte Flächen.

Ich komme mit Passanten und Anwohnern ins Gespräch. Ein Rentner bringt Papier zum Wertstoffbehälter. Er erzählt mir, dass er vor einiger Zeit vom Lande wieder in die Stadt, an die Brinkstraße, gezogen sei. Dieser Platz sei keineswegs so ruhig wie er sich jetzt an einem Sonnabend zeige. Unter der Woche führen hier schon gegen 4:45 Uhr die ersten Lastwagen einer nahegelegenen Spedition vorbei. Über Tag quäle sich hier immer mal wieder in größeren Abständen ein solcher respektabler Brummi durch die schmalen, etwas verwinkelten Strassen.

Ein Anwohner, ebenfalls schon im Rentenalter, lebt seit fast vierzig Jahren ‘am Platz’. Er weiß zu berichten, dass hier einmal ein - wie er es nennt - Privatbunker gestanden habe. Dort hätten während des zweiten Weltkrieges die Bewohner hochherrschaftlicher Villen aus der Nachbarschaft Schutz gefunden. Seinen Schwiegereltern sei der Zugang jedoch verwehrt gewesen. Nach dem Kriege sei der Bunker durch Unterspülung im Erdreich versenkt worden. Bis 1967 sei das Dreieck als Spielplatz genutzt worden. Dann sei die Umgestaltung zur Parkfläche erfolgt. Etwas verbittert berichtet er, damals habe er - entsprechend der Größe seines Grundstückes - 3000 Mark für den Umbau als Anliegerkosten zahlen müssen, dafür aber keinen persönlichen Parkplatz mit Schild bekommen. Weitere vier Privathaushalte und ein benachbartes Unternehmen seien damals ebenfalls zur Finanzierung des Umbaus herangezogen worden. Wir kommen weiter ins Gespräch: Nicht ohne Stolz bemerkt er, dass er neunundvierzig Jahre fünfzig Wochen im Jahr gearbeitet habe und nur sechzehn Wochen krank gewesen sei. Nie sei er arbeitslos gewesen.

Ich komme auf die Gestaltung des Platzes zu sprechen. Leise lasse ich erkennen, dass ich mir auch ein anderes, etwas weniger tristes Aussehen vorstellen könnte. Eine Nachbarin, die im gärtnerischen Bereich arbeitet, meint, dass in der Tat das Unkraut unter den Bäumen eine Schande sei. Aber die Stadt könne sich angesichts klammer Kassen nur noch in bescheidenem Maße um das Straßenbegleitgrün kümmern. Hier geschehe wohl nur zweimal im Jahr etwas. Ich gebe zu bedenken, dass man die Parkplätze ja durch Grünfläche mit Bänken ersetzen könne. Energischer Protest schlägt mir entgegen: ‘Die Parkplätze brauchen wir! Und wenn wir hier Bänke haben, dann sind die Leute aus den Blocks an der Ratzeburger Straße da. Und Drogenabhängige! Wir könnten dann ja auch keinen Zaun um den Platz machen.’ Als ich frage, was denn in der Ratzeburger Straße los sei, empfiehlt man mir, mich dort mal umzusehen. (vgl. auch: Dann schlich sich der Alkohol in sein Leben.)

Die Ratzeburger Straße verläuft parallel zur nahegelegenen Bahnlinie. In Bahnhofsnähe stehen eine Reihe von schmucklosen Blocks. Besonders die ersten dieser Mietshäuser sehen ein wenig ungepflegt aus. Die Haustüren stehen offen. Vor der Tür liegt Kinderspielzeug herum. Ein Campingtisch mit Stühlen steht im Vorgarten.

30.09.2002

Ich suche den Rentner auf, der mir die ganzen Auskünfte über die Geschichte des Platzes gegeben hat. Ich will noch einmal überprüfen, ob ich seinen Bericht richtig wiedergegeben habe. Er sitzt an einem Campingtisch im Vorgarten seines Hauses und genießt die spätsommerliche Wärme.
Ich mache noch ein Foto vom Platz. Es ist 17:30. Am Platz und an den umgebenden Straße ist noch etlicher freier Parkraum.

Plätze (2)

Plätze (3)

Plätze (4)

Plätze (5)

Plätze (6)

Plätze (7)

Plätze (8)

Plätze (9)

Plätze (18)

Nächste Folge 'Alltag in Bremen':
Sonntag, den 06.10.2002


< vorige Folge      nächste Folge >

Archiv: Alle Folgen 'Alltag in Bremen'

         Platzhalter für Anzeigen
Platzhalter für Anzeigen


























  
 
 
   
 
 
 

nach oben         sitemap